Scham und das Gefühl, nicht zu genügen schlagen häufig um in Wut, Aggression und Angst. In jedem Fall bedeuten Gefühle, die nicht im Einklang mit dem persönlichen Bedürfnis sind, Stress auf körperlicher und mentaler Ebene. Dieses dumpfe Gefühl, irgendwie nicht 100 % im Einklang mit sich selbst zu sein, dass durch Dauerstress aufgrund eigener Ansprüche irgendetwas auf körperlicher Ebene nicht stimmt, kennen Menschen in allen beruflichen Ebenen einschließlich Führungspositionen sowie im Privatleben.

Selbstmitgefühl fängt mit der Betrachtung der eigenen Gefühle an. Dabei geht es sowohl um die „guten“ wie auch um die „schlechten“ Gefühle. „Gute“ Gefühle sind vertraut und werden gerne angeschaut: das Glücksgefühl, Hochgefühl, Geborgenheit, Verliebtsein, Stolz… „Schlechte“ Gefühle hingegen werden verdrängt oder abgewertet: Neid, Eifersucht, Wut, Hass, Traurigkeit, Angst… Wir verurteilen uns als schwach, werten uns ab, kommen uns wie Versager vor und/oder entwickeln Schuldgefühle. Diese können zu emotionalem Schmerz, depressiver Verstimmung, psychosomatischen Beschwerden und körperlichen Beschwerden führen.

Als Erwachsene trösten wir mit Empathie um unsere Kinder, Eltern, Freundinnen oder KollegInnen bei Missgeschicken und bei fordernden Geschichten, die das Leben schreibt. Wir kümmern uns selbst (oder vorrangig) um das kranke Haustier mit Mitgefühl. Aber uns selbst gegenüber sind wir hart: „Da musst du durch, selbst schuld, reiß dich zusammen, hättest du halt besser aufpassen müssen…“ Die Freundlichkeit, mit denen man anderen begegnet, gesteht man sich selbst nicht zu.  das sein Leben lang mit sich selbst praktiziert, der fühlt sich unvollkommen und ungeliebt. Wer sich nicht geliebt fühlt, sucht die Anerkennung im Außen. Wird diese verwehrt, man nicht für alles gelobt, gesehen, anerkannt, führt das zu großem Frust, Scham und oft auch Rückzug. Die eigenen Gefühle schneidet man sich dann lieber ab als erneut frustriert zu werden. Viele Menschen fühlen sich heutzutage von ihren Gefühlen abgeschnitten. Da setzt Selbstmitgefühl an.

Selbstmitgefühl ist NICHT Selbstmitleid. Wer sich selbst bemitleidet, betrachtet die Dinge und verharrt in der Opferrolle. Durch die Beschäftigung mit den Fragen und ihre aktive, ehrliche Beantwortung erfahre ich, wer ich bin- und was ich mir verzeihen kann oder ändern möchte. Selbstmitgefühl ist ein Werkzeug, um herauszufinden, was man loslassen darf oder sollte und was man braucht.

Einige Fragen lauten:

Worin bin ich selbst mein ärgster KritikerIn?

Wofür glaube ich, mich schämen zu müssen?

Kann ich mir selbst verzeihen?

Kenne ich meine Bedürfnisse und nehme ich sie ernst?

Denke ich freundlich über mich?

Es macht Sinn, die Antworten schriftlich festzuhalten und immer einmal wieder auf diese Antworten zu schauen. Mittlerweile wird in Managerseminaren gelehrt, sich selbst in den Arm zu nehmen. Im Sinne des Systems würde man sagen: Das ist keine Schwäche, sondern Stärke. Doch man sollte aufhören, sich selbst mit den gängigen Mustern zu bewerten.

Das ist der erste Schritt auf dem Weg zum Selbstmitgefühl.

 

 

 

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